Nicht jedem von uns mag der Ausdruck «Health Claim» sofort etwas sagen, aber wir alle werden im Alltag mit genau diesen, zu Deutsch, «gesundheitsbezogenen Versprechen» als Verbraucher konfrontiert. «Reich an Vitamin C», «für ein gesundes Haarwachstum» oder «zur Linderung von Erkältungskrankheiten» sind nur einige Beispiele für die Vielzahl an Health Claims, die für Marketingzwecke von etlichen Unternehmen genutzt werden. Health Claims waren in den letzten Jahrzehnten einem starken Wandel unterlegen, da sie anfangs gar nicht reglementiert wurden und mittlerweile die einzige Möglichkeit sind, um positive, gesundheitliche Eigenschaften eines Produktes zu vermitteln.
Verbraucher sollen durch die neue, strengere Reglementierung von Health Claims in der Lage sein, fundierte Entscheidungen über ihre Ernährung zu treffen, ohne dabei Opfer von betrügerischen Marketingpraktiken zu werden, die früher häufig betrieben wurden. Die neuen Reglementierungen, die auch wir zunächst begrüssten, haben aber leider auch neue Schwachstellen mit sich gebracht, weshalb Health Claims weiterhin in der Kritik stehen. Was genau diese Health Claims eigentlich sind, wie sie reglementiert werden und warum man weiterhin bedacht mit ihnen umgehen sollte, das möchten wir in diesem Artikel näher erklären.
Was sind Health Claims?
Als einen Health Claim definiert man eine Aussage, die sich auf die gesundheitlichen Vorteile oder Wirkungen eines Lebensmittels beziehen. Health Claims werden verwendet, um den Verbrauchern mitzuteilen, dass ein bestimmtes Lebensmittel positive Auswirkungen auf ihre Gesundheit haben kann. Diese Aussagen können sich auf verschiedene Aspekte der menschlichen Gesundheit beziehen, wie z. B. den Nährstoffgehalt, einen Beitrag zur Gewichtsreduktion, die Unterstützung des Immunsystems, die Prävention einer Krankheit oder auch die Förderung einer gesunden Verdauung.
Health Claims können sowohl in der Produktwerbung als auch auf den Verpackungen von Lebensmitteln und Produkten zu finden sein. Die gesundheitlichen Versprechungen sollen die Verbraucher dazu ermutigen, bestimmte Produkte zu kaufen und diese anderen vorzuziehen, indem sie implizieren, dass der Konsum dieser Lebensmittel/Produkte zu gesundheitlichen Vorteilen führt. Es gibt verschiedene Arten von Health Claims, die wir folglich einmal kurz erläutern möchten.
Verschiedene Arten von Health Claims
Allgemeine Health Claims
Allgemeine Health Claims beziehen sich auf die grundsätzliche Auswirkung einer bestimmten Nährstoffgruppe oder eines Lebensmittels zur Aufrechterhaltung der Gesundheit oder einer bestimmten Körperfunktion.
Ein Beispiel für einen solchen Health Claim wäre: «Kalzium ist wichtig für die Erhaltung gesunder Knochen und Zähne.»
Spezifische Health Claims
Spezifische Health Claims beziehen sich auf näher definierte, gesundheitsbezogene Wirkungen eines Lebensmittels oder eines Nährstoffs auf unsere Gesundheit oder unseren Körper. Sie müssen wissenschaftlich nachgewiesen und von einer zuständigen Behörde genehmigt werden.
Ein Beispiel für einen spezifischen Health Claim ist beispielsweise: «Der regelmässige Verzehr von Omega-3-Fettsäuren trägt zur Aufrechterhaltung eines normalen Blutdrucks bei.»
Reduzierte Krankheitsrisiko-Health Claims
Diese Art des Health Claim bezieht sich auf die Rolle eines Lebensmittels oder eines Nährstoffs zur Verringerung des Risikos für eine bestimmte Krankheit oder einen bestimmten Gesundheitszustand. Besonders diese Art der Health Claims erfordern eine starke wissenschaftliche Evidenz und eine Genehmigung durch die zuständigen Behörden.
Ein Beispiel für einen solchen Health Claim ist: «Eine ballaststoffreiche Ernährung kann das Risiko von Herzerkrankungen reduzieren.»
Zunächst erscheint das alles erst einmal sehr sinnvoll – eine strenge Reglementierung solcher gesundheitlichen Versprechungen ist schliesslich auch richtig und wichtig.
Inwiefern stehen die Health Claims dann also in der Kritik?
Vom Regen in die Traufe
Natürlich ist diese Überschrift etwas reisserisch formuliert und wir möchten Health Claims auch keineswegs verteufeln, aber im Kern der Aussage steckt doch etwas Wahrheit. Früher war im Lebensmittelrecht nämlich alles erlaubt, was nicht ausdrücklich verboten war. Das führte dazu, dass Unternehmen häufig irreführende oder übertriebene Aussagen über die gesundheitlichen Vorteile ihrer Produkte machten, ohne dafür wissenschaftlich fundierte Nachweise zu haben oder vorlegen zu können. Das führte berechtigterweise zu Verwirrung, Intransparenz und Täuschung der Verbraucher.
Um diesem Missstand entgegenzuwirken, wurden dann in den vergangenen Jahren die rechtlichen Rahmenbedingungen für Health Claims erheblich verschärft. Grundsätzlich ist es natürlich lobenswert, dass dem Potpourri aus gesundheitlichen Versprechen, die teilweise nicht wahr und auch nicht wissenschaftlich fundiert waren, ein Ende bereitet wurde – allerdings hat die neue Schärfe der Reglementierung von Health Claims auch neue Probleme mit sich gebracht.
Die Reglementierung von Health Claims – Stand heute
Als Reaktion auf die Nicht-Reglementierung in den vergangenen Jahrzehnten sind heutzutage alle gesundheitsbezogenen Auslobungen verboten, die nicht ausdrücklich erlaubt sind. Das bedeutet, dass ein Lebensmittelhersteller nicht nur wissenschaftliche Nachweise erbringen muss, um einen Health Claim machen zu dürfen, sondern dieser auch offiziell anerkannt und registriert werden muss. Offensichtlich Gesundes darf also nicht als solches dargestellt werden, wenn es nicht als offizieller Health Claim registriert wurde. Die Problematik dahinter ist selbsterklärend.
Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) spielt bei der Genehmigung von Health Claims eine essenzielle Rolle. Sie bewertet die wissenschaftliche Evidenz hinter Health Claims und entscheidet, ob ein spezifischer Health Claim zugelassen wird oder nicht. Nur die Aussagen, die von der EFSA überprüft und genehmigt wurden, dürfen von Unternehmen verwendet werden, um auszudrücken, inwiefern ihre Produkte gesund oder vorteilhaft für unsere Gesundheit sind. Diese Regeln sollen sicherstellen, dass Verbraucher nicht durch irreführende oder durch wissenschaftlich unfundierte Aussagen getäuscht werden können. Leider ist dies aber nicht immer der Fall und es sind neue Graubereiche und Probleme mit dieser schärferen Reglementierung entstanden.
Kritik an Health Claims
Das Verbot von Health Claims, die nicht ausdrücklich erlaubt und registriert sind, hat berechtigterweise einige Kritiker auf den Plan gerufen. Viele Unternehmen und auch Wissenschaftler argumentieren, dass die neuen Vorschriften eine übermässige Kontrolle und Zensur von Wissen darstellen. Die Tatsache, dass selbst Unternehmen, die wissenschaftlich fundierte Nachweise für die gesundheitlichen Vorteile ihrer Produkte erbringen können, dennoch daran gehindert werden, diese Informationen mit den Verbrauchern zu teilen, wenn kein Health Claim dafür vorliegt, ist bedenklich.
Die Bewertung von Health Claims durch die EFSA ist ein zeitaufwendiger Prozess. Eine wissenschaftliche Prüfung und Genehmigung eines Health Claims kann Monate oder sogar Jahre dauern und setzt auch voraus, dass ein Unternehmen die finanziellen Mittel verfügt, diese Zeit “absitzen” zu können oder eben eine kostenintensive Studie durchführen zu lassen, welche die Bewilligung des Health Claim beschleunigt. Das führt einerseits dazu, dass viele Unternehmen lange warten müssen, bevor sie mit den beworbenen gesundheitlichen Vorteilen werben können und andererseits auch dazu, dass Grossunternehmen mit viel Kapital bevorteilt werden.
Auch Lobbyismus kann bei der Vergabe von Health Claims nicht ausgeschlossen werden. Grosse Unternehmen, die ein finanzielles Interesse daran haben, bestimmte Aussagen über ihre Produkte zu machen, können Einfluss auf die Entscheidungsprozesse und Kriterien für die Vergabe von Health Claims ausüben. Politische Persönlichkeiten oder Entscheidungsträger der EFSA zu beeinflussen, um bestimmte Health Claims zu priorisieren oder eigene Interessen zu fördern, ist nur ein mögliches Beispiel hierfür.
Ein weiterer Aspekt des Lobbyismus im Zusammenhang mit Health Claims betrifft die Interaktion zwischen Industrie und Wissenschaft. Es ist kein Geheimnis, dass Unternehmen, die wissenschaftliche Studien finanzieren können, diese auch beeinflussen können, um jene Ergebnisse zu erhalten, die wünschenswert sind und ihren Produkten somit schneller zu einem Health Claim verhelfen. Das kann dazu führen, dass bestimmte Health Claims unterstützt und genehmigt werden, auch wenn die wissenschaftliche Evidenz möglicherweise nicht stark genug ist.
Ein weiterer Kritikpunkt ist, dass das aktuelle System letztlich keine klare Orientierungshilfe für Verbraucher bietet. Durch die Begrenzung der zulässigen Health Claims kann es schwierig sein, zwischen Produkten zu unterscheiden, die tatsächlich gesundheitliche Vorteile bieten, und solchen, die zwar Health Claims vorweisen können, aber unter Umständen minderwertiger in ihrer Qualität oder Wirkung sind. Health Claims allein sorgen nicht dafür, dass Verbraucher sich sicher fühlen können und wissen, welchen Informationen sie vertrauen können.
Aber wie sähe eine mögliche Lösung für dieses Problem aus?
Health Claims sollten revolutioniert werden
Die Frage bleibt, ob das aktuelle System tatsächlich die besten Interessen der Verbraucher schützt oder ob Bürokratie und Einschränkungen überwiegen. Es gibt Argumente dafür, dass Verbraucher in der Lage sein sollten, die Informationen über die gesundheitlichen Auswirkungen von Lebensmitteln frei zugänglich zu haben, solange diese Informationen wissenschaftlich fundiert sind. Dies würde es den Verbrauchern ermöglichen, ihre eigenen Entscheidungen zu treffen, ohne von vorgegebenen Health Claims abhängig zu sein.
Eine weitere Alternative wäre, die Anforderungen für die Verwendung von Health Claims zu lockern, jedoch klare Richtlinien und eine grundlegende Überwachung beizubehalten, um irreführende oder falsche Aussagen zu verhindern. Dies könnte es Unternehmen ermöglichen, die gesundheitlichen Vorteile ihrer Produkte zu kommunizieren, solange sie dies auf eine verantwortungsvolle und nachvollziehbare Weise tun. Zusätzlich zur Regulierung von Health Claims sollte die EFSA auch eine grössere Verantwortung übernehmen, um Transparenz und Ehrlichkeit in der Bewertung und Vergabe von Health Claims darzulegen.
Es bleibt festzuhalten, dass Health Claims im Kontext der Ernährung ein komplexes Thema sind. Das Verbot von nicht genehmigten Aussagen soll den Schutz der Verbraucher vor irreführender Werbung gewährleisten. Allerdings führt dies auch zu einer Einschränkung des Informationsflusses, viel Bürokratie, potenziellem Lobbyismus und zur Unsicherheit bei den Verbrauchern.
Eine ausgewogene Lösung, die den Schutz der Verbraucher vor Täuschung gewährleistet, aber gleichzeitig eine angemessene Informationsfreiheit ermöglicht und Lobbyismus entgegenwirkt, könnte ein vielversprechender Weg sein, um die aktuellen Herausforderungen im Umgang mit Health Claims anzugehen. Ebenso sollten auch weitere wissenschaftliche Aspekte, wie die Bioverfügbarkeit und die menschliche Biochemie einbezogen werden, um Verbrauchern einen ausgewogene Bewertung der gesundheitlichen Vorteile eines Produktes zu ermöglichen.
Wie sollte ich mit Health Claims als Verbraucher umgehen?
In der Praxis sollten wir als Verbraucher bei der Betrachtung von Health Claims kritisch sein und nicht blindlings auf Werbeaussagen vertrauen, genauso wenig wie einen Health Claim als Garant für ein gesundes Lebensmittel zu betrachten.
Es ist ratsam, die Etiketten und Zutatenlisten von Lebensmitteln zu überprüfen, um fundierte Entscheidungen treffen zu können. Letztlich sind die Hochwertigkeit der Zutaten, die Bioverfügbarkeit und Nährstoffdichte von Lebensmitteln und Supplementen entscheidende Faktoren, die bei der Vergabe von Health Claims nur sehr begrenzt berücksichtigt werden. Deshalb setzt BE THE CHANGE auf die Konzeption all unserer Produkte gemäss der menschlichen Biochemie, eine hohe Bioverfügbarkeit und biologische Zutaten aus regenerativer Landwirtschaft. Die Hochwertigkeit und Gesundheit unserer Produkte können wir durch diverse Zertifikate nachweisen.
Es ist für uns als Verbraucher sinnvoll, unabhängige Quellen wie wissenschaftliche Studien oder Verbraucherorganisationen zurate zu ziehen, um Informationen über potenzielle gesundheitliche Vorteile bestimmter Lebensmittel oder Nährstoffe zu erhalten, auch wenn diese keine offiziellen Health Claims vorweisen.
Generell sollte von uns die Möglichkeit, eine ausgewogene und vielfältige Ernährung zu uns zu nehmen, die auf frischen, wenig verarbeiteten und biologischen Lebensmitteln basiert, genutzt werden. Es ist wichtig, sich bewusst zu machen, dass einzelne Lebensmittel oder Nahrungsergänzungsmittel mit einem Health Claim allein keine Wunder bewirken können und dass eine gesunde Ernährung und ein gesunder Lebensstil für unsere Gesundheit entscheidend sind.
Die Regulierung der Health Claims im Kontext der Ernährung ist ein komplexes Thema, das eine Balance zwischen Verbraucherschutz, einen Blick über den Horizont und mehr Informationsfreiheit haben muss.
Quellen
- https://www.lebensmittelverband.de/de/lebensmittel/werbung/claims
- https://www.blv.admin.ch/blv/de/home/lebensmittel-und-ernaehrung/rechts-und-vollzugsgrundlagen/bewilligung-und-meldung/health-claims.html
- https://www.rosenfluh.ch/ernaehrungsmedizin-2023-01/health-claim-was-erlaubt-das-schweizer-recht
- https://kantlab.tg.ch/lebensmittel/kennzeichnung/gesundheitsbezogene-angaben.html/3993
- https://www.zentrum-der-gesundheit.de/bibliothek/sonstige-informationen/medizin-und-forschung/health-claims-ia
- https://www.nytimes.com/2023/05/05/well/live/health-wellness-scam.html
- https://www.promarket.org/2022/06/29/healthcare-companies-spent-more-on-lobbying-than-any-other-industry-last-year/